Unsere MitarbeiterInnen und ihre Fahrzeuge
Hinter den Kulissen des über 60 Jahre alten Hafenschuppens 1 gibt es immer eine Menge zu tun. Neben der Haustechnik und der Verwaltung, die sich um das Gebäude und die Mieter kümmern sowie Veranstaltungen organisieren, besteht das Schuppen Eins-Team auch noch aus Oldtimerbegeisterten, die uns in ihrer Freizeit unterstützen. Diese betreuen unter anderem unsere Gäste, kümmern sich um die ausgestellten Fahrzeuge und besuchen Klassikertreffen. Sie spielen aber auch selber mit alten Autos. Wer alles dazugehört und wofür das Herz jeweils besonders schlägt, stellen wir Euch hier vor.
Alles Plastik… oder was? – Rolf Binnemann
„Mr. GFK“ Rolf Binnemann aus Ganderkesee ist unser Mann für die Plastikautos, Verzeihung, für Fahrzeuge mit Karosserien aus glasfaserverstärktem Kunststoff, abgekürzt GFK.
Nachdem im Jahr 1949 in den USA die erste GFK-Karosserie auf ein Fahrgestell gelangte, kam das erste GFK-Serienauto dort als Woodill Wildfire 1952 auf den Markt. Größere Bekanntheit jedoch erlangte diese Bauweise ab 1953 in der Corvette C1.
Die Idee von Rolf Binnemann war es schließlich 2018, ein bisher so noch nicht da gewesenes Oldtimertreffen ins Leben zu rufen, das sich speziell und ausschließlich Wagen mit Kunststoffkarosserie widmet. Die Veranstaltungsreihe ist bis heute in der Bundesrepublik einmalig und zieht jedes Jahr GFK-Freundinnen und -freunde von nah und fern an. So sind am 10. September 2023 wieder alle Kunststoff-Old- & Youngtimer aber auch weitere Auto-Exoten, Einzelstücke, Umbauten und historische Verspilerungen und Breitbauten aller Baujahre aus Blech, Kunststoff, Holz oder anderen Materialien herzlich am Schuppen Eins willkommen.
„Wir möchten mit unserer Veranstaltung ‚Alles Plastik… oder was?‘ Fahrzeuge zeigen, die man sonst nicht oder nur selten zu Gesicht bekommt – von der Großserie bis hin zu absoluten Eigenbauten. Wir möchten Erfahrungen innerhalb dieser recht kleinen Szene austauschen, in das Material einführen und Verarbeitungstipps im Rahmen von Vorträgen und Projektvorstellungen geben“, erzählt Rolf.
Das Projekt, das beim vergangenen Treffen vorgestellt wurde, ist sein eigenes: ein Reliant Scimitar GTE aus dem Baujahr 1969.
Reliant (engl. „der Zuverlässige“) hat über 65 Jahre lang mehrheitlich Dreiradfahrzeuge gebaut. Durch die Erfahrung in der Herstellung von Kunststoffkarosserien wurde das Unternehmen zu einem maßgeblichen Automobilzulieferer. Das Modell Scimitar mit dem Namen eines Krummsäbels entstand 1964, Rolfs viersitziger zweitüriger Sportkombi (auch Shooting Brake genannt) GTE SE5 erschien 1968. Befeuert wird er von einem 138PS starken Ford Dreiliter-Sechszylinder. Nachdem der Scimitar in den königlichen Fuhrpark aufgenommen wurde, wuchs seine Popularität enorm und er sollte der erfolgreichste Reliant aller Zeiten werden. Das Modell wurde bis 1986 mit verschiedenen Motorisierungen als Kombicoupé, Coupé und Cabrio angeboten.
Wer einen Engländer fährt, gilt ja im Grunde genommen schon als leidensfähig. Wer darüber hinaus aber auch noch einen englischen Wagen mit Kunststoffkarosserie oberflächenrestauriert wie in diesem Fall Rolf, der darf sich auf eine gehörige Aufgabe gefasst machen.
Nach einer Motorrevision einige Jahre zuvor stand 2021 die Frage nach einer neuen Ganzlackierung im Raum. Nachdem sich bereits kleine Risse an belasteten Stellen zeigten, machten sich nach den vorhergehenden heißen Sommern mehr und mehr größere Risse und Abplatzungen bemerkbar. In der Folge drohte gar die Aberkennung des H-Kennzeichens.
Ist die Suche nach einem guten bezahlbaren Lackierbetrieb schon schwierig, stellt sich die Sache in diesem GFK-Fall als besonders herausfordernd dar. Die meisten Betriebe haben nämlich überhaupt keine Erfahrung im Umgang mit dem Werkstoff. Aus Rolfs Kunststoff-Netzwerk kam schließlich ein Hinweis auf eine Lackiererei im Aachener Raum.
Nachdem Rolf Türen, Hauben, Scheiben, Anbauteile und Zierrat entfernet hatte, ging der Scimitar auf die Reise. Die Lackiererei benötigte eine Woche, um den alten Lack bis auf das GFK herunter zu schleifen. Schließlich erfolgte der Neuaufbau mit Spachtel, Topgel und Spritzfüller. Dazwischen unendliche viele Schleifgänge, bis endlich die deckende Farbschicht an der Reihe war.
Nach einem halben Jahr kam das Auto nach Hause zurück. Wunderbar, dann nur noch alles eben wieder zusammenbauen und fertig… Nein, leider musste beispielsweise das Vorhaben, eine neue Windschutzscheibe einzusetzen, nach einem Tag mit vier Mann erfolglos abgebrochen werden. Passte einfach nicht, einige Millimeter zu groß. Am Ende alte Scheibe wieder eingebaut. Dann Anbauteile wieder anschrauben – leider hat der Lackierbetrieb in alle Zollgewinde metrische Schrauben hineingewürgt mit der Folge, dass sich nichts mehr korrekt befestigen lässt. Also Nacharbeiten.
Diese Erlebnisse ließen sich noch beliebig weiter erzählen. Abschließen lässt sich diese Geschichte mit Rolfs Erkenntnis: „Nutzt die Erfahrungen anderer in Euren Netzwerken, Clubs und Stammtischen und gebt Eure eigenen Erkenntnisse andersrum auch weiter. Niemand muss heute mehr die Fehler eines anderen wiederholen. Und schätzt den Zeitaufwand für Reparaturen und Restaurierungen realistisch und lieber höher ein. Wenn’s am Ende flutscht – umso schöner!“